Weil wir den Etappen ziemlich voraus sind, werden wir heute schon nach Hamburg fahren. Umgekehrt sind wir froh, dass wir nicht erst heute aus Kaliningrad raus müssen. Kolobrzeg wäre das Etappenziel. Aber schon für die 250 km von Danzig nach Kolobrzeg brauchen wir heute 4 Stunden („60er-Schnitt“). Davor noch die Strecke von Kaliningrad über die Grenze und nach Danzig? Das klingt hart für einen Tag … und wir sind froh, dass wir da schon durch sind.
In Gdansk (Danzig) haben wir doch noch Fotos ausgedruckt. Eine erste Runde durch die Stadt macht uns zunächst etwas ratlos – aber in einem größeren Shopping-Center finden wir einen Fotoladen mit einem Automaten. Der ist allerdings blockiert: Zwei Männer, könnten Vater und Sohn sein, stehen davor, ein „Baltic Sea Circle“-Roadbook in der Hand und eine endlose handgeschriebene Liste … sie müssen die benötigten Fotos erst noch aus all den vielen heraussuchen, die sie gemacht haben: „Bei uns könnte es ein bisschen länger dauern …“ – was natürlich maßlos untertrieben ist. Also gehen wir zum Auto, sehen aber zwei Ecken weiter einen Laden, dessen Werbung außen vermuten lässt, dass es da doch noch klappen könnte. Tut es dann auch – allerdings nicht auf Fotopapier, ist uns aber jetzt grade egal. Leider fragt Stephan erst nach „Kartenzahlung oder Euro möglich?“, als der Druck schon läuft, so dass Bernd noch ein paar Zloty auftreiben muss.
Quer durch Polen – wir haben gestern nicht geahnt (nicht ahnen können), dass der Grenzübertritt eine Art Ankündigung war: Der Verkehr ist so dicht und langsam, dass Stephan plötzlich unerwartete Sehnsucht nach der russischen Waldschneise spürt. Aber das ist vielleicht einfach ein Zeichen, dass es nun dann auch gut ist.
Von Danzig weg kamen wir durch Sopot, wo sich Stephan kurz überzeugt, dass da wirklich ein ordentlicher Sandstrand zu finden ist. Später will Bernd in Kolobrzeg ans Meer und die längste „hölzerne Pier in Europa“ zu begutachten. Stephans dortige Mitteilung, dass laut Roadbook der Pier in Sopot gewesen ist („wäre“), begeistert ihn dann natürlich weniger … wer auch immer von beiden gestern nicht genau genug gelesen hat. Schade, aber jetzt längst zu spät.
In Polen sehen wir zum Teil riesige Felder, lange Alleen … und Stephan „bebildert“ damit manche Erinnerungen, die ihm zahlreiche ältere und alte Menschen erzählt haben: Von ihrer Kindheit auf dem Gut der Familie etwa. Dass das Land fruchtbar ist, fällt direkt in die Augen. Wir sehen immer wieder Störche. Aber natürlich auch immer wieder herunter gekommene Gebäude – der „real existierende Sozialismus“ hat auch hier Spuren hinterlassen, die noch länger nachwirken werden.
Sprachlich ist Polen kein wirklicher Fortschritt. Die Anordnung der Buchstaben verursacht schon beim Anschauen eine Art Zungenkrampf … aber möglicherweise wird es ja auch gar nicht so kompliziert ausgesprochen, wie es ausschaut. Stephan jedenfalls ist froh, dass er keine polnischen Diktate schreiben musste.
Übrigens: Falls jemand beim Lesen sich fragt, was eigentlich aus den täglichen Regengüssen geworden ist: Keine Sorge – die sind verlässlich wie eh und je!!
Um 17:09 Uhr befahren wir wieder deutschen Boden, am ersten McDonalds nutzen wir die Toiletten und Bernd stärt sich mit einem „Germany Fan Double“ – es tut gut endlich wieder die Speisekarte lesen zu können. Heute also geht unsere Reise in Hamburg zu Ende. Morgen fahren wir aber natürlich um 16 Uhr fotogen über die Ziellinie an der Hafenstraße – und freuen uns, die Jungs nochmal zu sehen, mit denen wir in Russland im Wald campiert und Feuer gemacht haben. Sie werden leider nicht mehr zur „After-Show-Party“ kommen – sie bekommen in ihrem Ort vor den Toren Oldenburgs einen eigenen Empfang („Kneten goes Baltic“). Aber wir werden unsere Lieben in Hamburg treffen, das ist natürlich noch besser!
Am Montag werden wir dann „familienweise“ nach Reutlingen fahren – Bernd „nebst Gattin“ im „Fronti“, Stephan mit Teil-Familie im zweiten Auto. Am Dienstag ist direkt wieder „Alltag“. Aber vorher gibt es am Montagabend natürlich noch WM-Fußball in der Kreuzkirche.